
Die Ethnologin Susanne Schröter ist Leiterin des Frankfurter Forschungszentrums Globaler Islam (FFGI). In einem heute in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung erschienenen Beitrag kritisiert sie, dass Deutschland gegenüber Islamisten geistig wehrlos sei. Eine wesentliche Ursache dafür sei eine „unheilvolle Allianz“ zwischen linksgerichteten Aktivisten und Islamisten, denen es gelungen sei, das Konzept der „Islamfeindlichkeit“ zur Richtschnur der Politik zu machen. Dadurch würden die Ansprache der Bedrohung durch den Islamismus sowie das Ergreifen wirksamer Maßnahmen zu seiner Bekämpfung verhindert.1
- Obwohl die islamistische Bedrohung weiterhin akut sei, werde die Erforschung des politischen Islam in Deutschland staatlicherseits nicht gefördert. Es gebe „keinen einzigen Lehrstuhl zur Erforschung des Islamismus“. Stattdessen würden „auf Bundes- und Länderebenen Expertenkommissionen und Arbeitsgruppen eingerichtet, die sich mit ‚Islamophobie‘ oder ‚antimuslimischem Rassismus‘ befassen und Maßnahmen dagegen implementieren sollen“.
- Diese Konzepte seien von linksgerichteten Aktivisten geschaffen worden, die damit die Ansprache von Bedrohungen unterstellen wollten, eine „wahnhafte Angst“ auszudrücken und rassistisch motiviert zu sein. Man wolle diese Ansprache ebenso unterbinden wie jegliche Kritik an der Religion des Islam und seinen extremistischen Strömungen und schaffe dafür mit Steuergeldern „Zensureinrichtungen“, welche die „Stigmatisierung und Einschüchterung von Kritikern des Islamismus“ organisiere.
Teile der Linken hätten dadurch im Zusammenwirken mit Islamisten extremistische Aktivitäten begünstigt und Personen wie den französischen Lehrer Samuel Paty durch Islamophobievorwürfe „buchstäblich zum Abschlachten“ freigegeben.
Hintergrund
Schröter zuletzt der Kirche in Deutschland Unkenntnis und Naivität beim Umgang mit islamistischen Akteuren vorgeworfen und die Ideologie des Antirassismus kritisiert.
Ähnliche Kritik an der geistigen Wehrlosigkeit Deutschlands und anderer westlicher Gesellschaften gegenüber islamistischen Akteure in Folge der Durchsetzung neomarxistischer und postmoderner Ideologien hatten auch andere Stimmen vorgebracht:
- Der Sozialwissenschaftler Gilles Kepel, der zu den führenden Islamismusforschern weltweit zählt, sprach von einem symbiotischen Verhältnis zwischen islamistischen und linksgerichteten Akteuren, das er als “Islamo-gauchisme” bezeichnete. Progressive Akteure würden versuchen, ihre politischen Forderungen im Namen der von ihnen zur Opfergruppe erklärten Muslime durchzusetzen. Gleichzeitig würden islamische Akteure die durch die Linke bereitgestellten Rassismus- und Antidiskriminierungsdiskurse nutzen, um Anhänger zu mobilisieren und ihre Ablehnung europäischer Gesellschaften zu legitimieren.
- Der Philosoph Pascal Bruckner hatte die Konzept der „Islamophobie“ und des „antimuslimischen Rassismus“ als psychologische Waffen beschrieben, die sowohl durch den politischen Islam als auch durch westliche Anhänger utopischer Ideologien gegen europäische Gesellschaften eingesetzt werde.
- Der Philosoph Philosoph Alain Finkielkraut warnte, dass linksradikale und islamistische Strömungen sowohl ihre gemeinsame Ablehnung der europäischen Zivilisation als auch ihr Antisemitismus vereine. Der neomarxistischen Ideologie des Antirassismus warf der vor, die Zerstörung der europäischen Zivilisation anzustreben.
- Der im Bereich Islamismusbekämpfung tätige Psychologe Ahmad Mansour kritisierte, dass die Bedrohung durch den Islamismus in Deutschland oft nicht angesprochen werde, weil hier die Angst bestehe, dann als „fremdenfeindlich“ zu gelten. Auch die aktuelle Rassismusdebatte sei von der Ausblendung wesentlicher Sachverhalte geprägt. Rassismus sei „keine Einbahnstraße und vor allem keine weiße Einbahnstraße“. Muslime „können auch diskriminierend sein gegenüber Ungläubigen“.
Mit dem Islamophobievorwurf als islamistischem Propagandainstrument hatte sich zudem der Extremismusforscher Lorenzo Vidino näher auseinandergesetzt. (FG2)