
In Deutschland besteht weiterhin eine erhöhte Bedrohung durch islamistischen Terrorismus, die sich auch gegen christliche Einrichtungen sowie gegen Großveranstaltungen mit christlichem Bezug richtet. Dies unterstreichen heute bekannt gewordene mögliche Pläne von Islamisten zur Durchführung von Anschlägen gegen Weihnachtsmärkte in Sachsen.
Das Christentum als Feindbild militanter Salafisten
Die gegenwärtige terroristische Bedrohung für Ziele mit christlichem Bezug in Deutschland geht vor allem von militanten Salafisten aus. Diese stellen Deutschland als christliche „Kreuzfahrer-Nation“ dar, gegen die Anschläge prinzipiell legitim seien. Akteure aus dem Umfeld des IS hatten in diesem Zusammenhang 2015 angekündigt, Europa zu einem „Schlachtfeld“ machen zu wollen. Ziel sei die „Eroberung von Rom”, was in der Propagandasprache militanter Salafisten zum Ausdruck bringen soll, dass Europa für sie identisch mit seinem christlich-abendländischen Erbe und dessen Vernichtung das langfristige Ziel ihrer Aktivitäten ist.
Die christenfeindlichen Motive militanter Salafisten wurden beispielhaft in der Tat des Palästinensers Ahmad A. sichtbar, der im Juli 2017 in Hamburg Passanten mit einem Messer angriff und dabei einen Mann tötete. Er habe nach eigenen Angaben durch seine Tat möglichst viele Christen töten wollen und bedauert, dass er nicht mehr Menschen habe töten können. Auslöser der Tat war laut seiner Aussage eine Predigt in der As-Sahaba-Moschee in Hamburg-Barmbek, die er kurz vor seiner Tat aufgesucht habe.
Weihnachtsmärkte als potenzielle Anschlagsziele
Nach Angaben des Landeskriminalamts Sachsen besteht für Weihnachtsmärkte in dem Bundesland aktuell eine „besondere Gefährdungsrelevanz“. Die Generalstaatanwaltschaft Sachsen ermittele gegenwärtig gegen eine Syrerin und eine Tschetschenin, die mutmaßlich Anschläge gegen Weihnachtsmärkte in Dresden und Chemnitz geplant hätten.
2010 warnten deutsche Sicherheitsbehörden, dass eine Al-Qaida-Zelle Anschläge gegen Weihnachtsmärkte in Deutschland vorbereite. Eine Propagandazelle aus dem Umfeld des IS hatte im November 2017 Aufrufe zu Anschlägen gegen Weihnachtsmärkte und Kirchen in Europa veröffentlicht.
Weihnachtsmärkte in Deutschland waren seit 2016 bereits mehrfach Ziel erfolgreicher und versuchter islamistischer Anschläge:
- Der bislang folgenschwerste islamistische Anschlag in Deutschland richtete sich gegen den Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche in Berlin. Er forderte am 19.12.2016 insgesamt 12 Todesopfer, als der tunesische Salafist Anis Amri mit einem zuvor gestohlenen LKW in eine Menschenmenge fuhr. Amri hatte zuvor mit Gewalt gegen Christen gedroht.
- Im November 2017 wurden in Deutschland sechs Syrer aus dem Umfeld des IS festgenommen, die mutmaßlich einen Anschlag gegen einen Weihnachtsmarkt in Essen geplant hatten.
- Im Dezember 2017 wurde außerdem der Salafist Dasbar W. festgenommen, der sich im Umfeld der Freiburger Ibad-ur-Rahman-Moschee bewegte, dem IS nahestand und einen Anschlag mit einem Fahrzeug gegen den Christkindlesmarkt in Karlsruhe geplant hatte.
- Im November 2016 scheiterte der zwölfjährige Salafist Yad A., der von einem älteren Salafisten geführt wurde, beim Versuch, einen Sprengstoffanschlag gegen einen Weihnachtsmarkt in Ludwigshafen zu verüben, weil die von ihm mitgeführte Sprengvorrichtung nicht zündete.
Unabhängig davon stellen Weihnachtsmärkte wegen des hohen Besucheraufkommens und der offenen Zugangsmöglichkeiten aus der Sicht von Sicherheitsbehörden allgemein ein potenzielles Ziel islamistischer Anschläge dar. 2018 werden viele Weihnachtsmärkte in Deutschland aufgrund der erhöhten Bedrohung durch islamistischen Terrorismus mit großem Aufwand gesichert, der im Vergleich zu den Vorfahren oft nochmals verstärkt wurde.
Kirchen und Gottesdienste als potenzielle Anschlagsziele
Islamistische Anschläge gegen entsprechende Ziele sind außerhalb Europas häufig zu beobachten, etwa in Ägypten oder Nigeria. Auch in Deutschland verfolgen militante Islamisten nach eigenen Angaben die Absicht, Anschläge auf Kirchen zu verüben.
- In einer dem IS nahe stehenden deutschsprachigen Publikation wurde im Zusammenhang mit einer Anleitung zur Verübung von Brandanschlägen die Dresdner Frauenkirche im Juli 2017 als „beliebter Versammlungsort der Kreuzzügler, der darauf wartet, niedergebrannt zu werden“, bezeichnet.
- Yad A., der im November 2016 beim Versuch gescheitert war, einen Anschlag gegen den Weihnachtsmarkt in Ludwigshafen zu verüben, wollte ursprünglich eine evangelische Kirche angreifen und einem christlichen Geistlichen dabei einer salafistischen Vorgehensweise entsprechend die Kehle durchschneiden.1
- Im Juli 2016 kam es in Saint-Etienne-du-Rouvray in Frankreich zum ersten islamistischen Terroranschlag gegen eine Kirche in Westeuropa. Die Täter nahmen während einer heiligen Messe mehrere Personen als Geiseln und ermordeten den Priester Jacques Hamel.
- Militante Islamisten planten im Sommer 2017 außerdem einen Anschlag auf die Kathedrale „Sagrada Familia“ in Barcelona.
In besonders exponierten Kirchen in Deutschland wurden daher 2017 zeitweise zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen eingeführt.
Bewertung
Gilles de Kerchove, der Koordinator für die Terrorismusbekämpfung der Europäischen Union, hatte im vergangenen Jahr erklärt, dass sich die Bedrohung durch islamistischen Terrorismus in Europa voraussichtlich langfristig auf einem hohen Niveau bewegen und weiter zunehmen werde. Grund dafür sei vor allem das starke Wachstum des militant-salafistischen Spektrums in vielen Staaten Westeuropas.
- Dies betrifft auch Deutschland, wo sich die Anhängerzahl dieses Spektrums laut Angaben des Bundesamtes für Verfassungsschutz in den vergangenen fünf Jahren auf rund 11.000 Personen verdoppelt habe. Eine Ursache dafür ist die weitgehend unkontrollierte irreguläre Migration von Risikogruppen nach Deutschland seit 2015. Beim Großteil der irregulären Migranten handelt es sich um junge Männer mit geringen Integrationsperspektiven, von denen rund ein Drittel gewaltlegitimierende christenfeindliche Einstellungen aufweist. Außerdem sind unter jüngeren Muslimen in Deutschland allgemeine Radikalisierungstendenzen zu beobachten.
- Die seitens der Bundesregierung aktiv geförderte Rückkehr militanter Salafisten mit deutscher Staatsangehörigkeit aus dem Irak und Syrien nach Deutschland sowie mangelnder politischer Wille zur Rückführung von Gefährdern bzw. zur dafür erforderlichen Anpassung von Gesetzen werden voraussichtlich ebenfalls dazu beitragen, dass die Zahl der Gefährder in Deutschland weiter zunehmen wird.
In Folge dessen wird auch die Wahrscheinlichkeit islamistischer Anschläge gegen Christen und christliche Ziele in Deutschland weiter zunehmen. Die Fähigkeit militanter Islamisten zur Verübung komplexerer Anschläge in Deutschland hat in Folge des erfolgreichen Vorgehens gegen den IS in Syrien und im Irak seit 2016 jedoch abgenommen.
Die in den vergangenen Monaten zu beobachtenden Vorgehensweisen islamistischer Terroristen in Westeuropa legen nahe, dass das wahrscheinlichste Anschlagsszenario gegen Ziele mit christlichem Bezug gegenwärtig eine Tat durch einen Einzeltäter gegen ein schwach gesichertes Ziel mit hoher Besucherdichte ist, bei dem der Täter eine Hieb- und Stichwaffe, eine Schusswaffe oder ein Fahrzeug als Waffe verwendet.
Der Großteil islamistisch-motivierter Gewalt gegen Christen in Deutschland wird sich jedoch voraussichtlich weiterhin unterhalb der Schwelle zum Terrorismus und somit auch der Schwelle der öffentlichen Wahrnehmung bewegen und sich vorwiegend gegen Christen richten, die im unmittelbaren Umfeld von Islamisten leben. Solche Gewalt betrifft gegenwärtig vor allem Christen mit Migrationshintergrund, die in Asylbewerberunterkünften und sozial schwachen Stadtteilen leben, sowie christliche Konvertiten und christliche Schüler an Schulen mit hohem Anteil radikaler muslimischer Schüler.