
Papst Franziskus hat in einer aktuellen Ansprache anlässlich des Neujahrsempfangs für das am Heiligen Stuhl akkreditierte diplomatische Korps vor dem Hintergrund der laufenden Migrationswelle nach Europa Migranten dazu aufgerufen, die Identität der sie aufnehmenden Gesellschaften “unbedingt” zu respektieren:
“Wer aufgenommen wird, muss sich den Regeln des Landes, das ihn beherbergt, unbedingt anpassen und dessen Identitätsprinzipien respektieren.”
Er warnte zudem vor den negativen Folgen von Migration. Man müsse anerkennen, dass unter den Migranten „nicht immer alle von den besten Absichten geleitet werden“. Außerdem forderte er von europäischen Regierungen einen „verantwortlichen Umgang” mit der Migrationsproblematik und rief diese dazu auf, auch der Verantwortung gegenüber ihren eigenen Bevölkerungen gerecht zu werden:
“Sie haben eine klare Verantwortung gegenüber der Bevölkerung in ihren Ländern, deren ordentliche Rechte und harmonische Entwicklung sie gewährleisten müssen, damit sie nicht wie der törichte Bauherr erscheinen, der falsche Berechnungen angestellt hat und nicht in der Lage war, den Turm fertigzustellen, dessen Bau er begonnen hatte.”
Die Migrationsproblematik solle “Europa dazu anspornen, das eigene kulturelle und religiöse Erbe wiederzuentdecken.” Nur wenn “es sich der Werte bewusst wird, auf die es erbaut wurde, dann mag es sowohl die eigenen Traditionen wachhalten als auch weiterhin ein gastfreundlicher Ort sein, der Frieden und Entwicklung verspricht.”
In diesem Zusammenhang kritisierte Franziskus auch die Tendenz europäischer Gesellschaften zur Trennung von den „Wurzeln und Traditionen, welche die reiche Geschichte der Nation gespeist haben und von unschätzbarem Wert für die ganze Welt sind.“
Zudem rief er zum verstärkten Schutz verfolgter Christen im Nahen Osten sowie zu verstärkten Anstrengungen auf, damit Flüchtlinge aus der Region „in ihre Heimat zurückkehren können.“
Hintergrund
Papst Franziskus wird von Teilen der Medien in Deutschland einseitig zitiert, so dass vielen Menschen sein Eintreten für die Bewahrung des christlichen Erbes in Europa nicht bekannt ist. Tatsächlich hat Franziskus sich bereits häufig in diesem Sinne geäußert:
- Im Oktober 2017 hatte Franziskus die Bedeutung der Bindung an die eigenen Wurzeln für die Völker der Welt betont und dazu aufgerufen, diese Bindung wiederzuentdecken und zu erneuern. Ohne Wurzeln „kann man nicht leben: ein Volk ohne Wurzeln oder ein Volk, das sich nicht um seine Wurzeln kümmert, ist ein krankes Volk“.
- Ebenfalls im Oktober 2017 kritisierte Franziskus in einer Grundsatzansprache zu Europafragen die Behandlung von Migration als „unterschiedslosen und ungeregelten Vorgang“ und betonte, dass von Migranten erwartet werden müsse, dass sie „die schwerwiegende Verpflichtung nicht versäumen, die Kultur und die Traditionen der aufnehmenden Nation kennenzulernen, zu achten und sich auch anzueignen.“
- Außerdem hatte Franziskus 2017 vor Islamisierungstendenzen in Europa gewarnt. In diesem Zusammenhang hatte er auch „falsch verstandene Toleranz“ kritisiert, deren Ursache eine gleichgültige Haltung von Christen gegenüber der eigenen Religion sei.
- Im Juli 2017 sagte Franziskus, dass die Voraussetzung für Frieden unter den Völkern die Achtung der eigenen Identität ebenso wie die Achtung der Identität von Fremden sei.
- Im Januar 2017 sagte Franziskus, dass Staaten gemäß der katholischen Soziallehre das Recht hätten ihre Grenzen zu schützen, und dass dies insbesondere für Staaten gelte, die durch Terrorismus bedroht würden.
- Im Mai 2016 warnte Franziskus davor, Grenzen auf irrationale Weise für Migranten zu öffnen.
Bereits vor dem Beginn der aktuellen Migrationskrise hatte Franziskus im November 2014 vor dem Europaparlament gesagt, dass es Aufgabe der Regierungen Europas sei, „die europäische Identität zu bewahren“. (FG4)