
Der Soziologe und Genozidforscher Gunnar Heinsohn lehrte früher an der Universität Bremen und war nach seiner Emeritierung als Dozent für Militärdemographie am NATO Defense College in Rom tätig. Im Juni diesen Jahres gab er in einem in Karlsruhe gehaltenen Vortrag einen Ausblick auf mögliche künftige Konflikte in Europa in Folge demographischer Entwicklungen in Europa und der seit 2015 anhaltenden Welle irregulärer Migration.
Ausgangspunkt seines Vortrags war eine Beobachtung des Philosophen Peter Sloterdijk, die dieser 2006 in seinem Werk “Zorn und Zeit” geäußert hatte:
“Selbst Kenner der Lage besitzen heute nicht die geringste Vorstellung davon, wie der machtvoll anrollende muslimische youth bulge, die umfangreichste Welle an genozidschwangeren Jungmännerüberschüssen in der Geschichte der Menschheit, mit friedlichen Mitteln einzudämmen wäre.”
Heinsohn betonte, dass er ebenfalls nicht von einem friedlichen Verlauf der Entwicklung ausgehe, und schlug vor, „zehn Friedensnobelpreise auf einen Schlag an diejenigen zu vergeben, die einen unblutigen Ausgang jener Welle kennen und praktikabel machen können“.
- An der Peripherie Europas seien weiterhin hohe Bevölkerungsüberschüsse zu beobachten. Vor allem im islamischen Kulturraum sei in den vergangenen Generationen “die größte Sohneswelle der Menschheitsgeschichte” zu verzeichnen gewesen. Diese würde zunehmende Instabilität in den betroffenen Staaten und wachsenden Migrationsdruck auf Europa erzeugen, der sich in Migrationswellen äußere, wie sie seit 2015 verstärkt eingesetzt haben.
- Bei den nach Europa ziehenden Migranten handele es sich überwiegend um junge Männer, die hier kaum eine Perspektive hätten und kulturell wenig kompatibel seien. Als Folge der hohen Zahl entsprechender Migranten sowie der anthropologisch begründeten Risikofreudigkeit und Konfliktbereitschaft junger Männer ergebe sich daraus das Potential für gewaltsam ausgetragene Konflikte großen Ausmaßes.
- Solche Konflikte würden als “demographisch asymmetrische Konflikte” ausgetragen werden. Während nichteuropäische Akteure aufgrund der ihnen zur Verfügung stehenden großen Zahlen junger Männer hohe Verluste verkraften könnten ohne an Durchhaltefähigkeit zu verlieren, seien europäische Akteure dazu nicht in der Lage.
- Gleichzeitig läge eine kulturelle Asymmetrie vor. Während etwa im Islam heroische Elemente weiterhin eine wichtige Rolle spielten, sei dies in europäischen Kulturen nicht mehr der Fall. Gleichzeitig würden kulturelle Entwicklungen in Europa verhindern, dass entsprechende Akteure ihre militärisch-technologische Überlegenheit zum Ausgleich demographischer Nachteile in Konflikten wirksam entfalten könnten.
Bislang führe die Entwicklung in Europa laut Heinsohn dazu, dass “Unbewaffnete Gegenden übernehmen, die früher nur mit Waffengewalt geholt werden konnten”. Er gehe jedoch mittel- bis langfristig von gravierenden Verwerfungen in Europa aus und sprach bereits bei früherer Gelegenheit von einem drohenden „Finis Germaniae”.
Bewertung und Folgerungen
Heinsohn argumentiert streng materialistisch und betrachtet jegliches Konfliktgeschehen ausschließlich als Folge demographischer Prozesse. Weltanschauungen etwa betrachtet er nicht als relevanten Faktor und sieht in ihnen nur “Vorwände und Rechtfertigungen zum Töten”, auf die tendenziell immer dann zurückgegriffen werde, wenn der Anteil der jungen Männer an einer Gesellschaft einen bestimmten Anteil überschreite. Mit dieser These kann Heinsohn jedoch Konflikte wie den Zweiten Weltkrieg, der in einer Zeit des Rückgangs des Anteils junger Männer an den Gesellschaften der beteiligten Staaten stattfand, nicht erklären. Zudem gibt es vergleichsweise stabile und nicht zu Konflikten neigende Gesellschaften mit hohen Kinderzahlen, wie etwa die in Europa zwischen 1815 und 1914, als parallel zur starken Zunahme der Bevölkerung des Kontinents eine ungewöhnlich lange Friedensperiode zu beobachten war.
Im Fall der in seinem Vortrag vorgebrachten Prognose geht Heinsohn jedoch nicht von einem bloßen Automatismus aus, sondern kann eine These und seine Argumente und die von ihm angenommenen Wirkungszusammenhänge besser begründen.
Der Zusammenhang zwischen islamischer Migration, ausbleibender Integration und Konfliktpotential zeigte sich jüngst auch im Zusammenhang mit den Aktivitäten islamistischer Terroristenzellen in Spanien, die ihre Anschläge aus islamisch-geprägten Stadtteilen spanischer Städte heraus vorbereiten konnten.
- Untersuchungen des spanischen Politikwissenschaftlers Fernando Reinares unterstrichen diesbezüglich die Verbindung der meist illegalen Zuwanderung großer Zahlen schlecht qualifzierter und kulturell inkompatibler junger muslimischer Männer aus Nordafrika, der Herausbildung islamischer Siedlungsräume und sozialer Brennpunkte in Städten und islambezogener Radikalisierung.
- Ähnliches war bei Anschlägen in Belgien zu beobachten, bei deren Vorbereitung die Attentäter offenbar mit der Unterstützung oder zumindest Duldung sympathisierender islamischer Umfelder im Brüsseler Stadtteil Molenbeek agierten.
Sicherheitsbezogene Herausforderungen bestehen in diesem Zusammenhang auch jenseits islambezogener politischer Gewalt.
- In Deutschland warnte etwa vor wenigen Tagen der Vorsitzende des Bundes der Strafvollzugsbediensteten, René Müller, vor Aufständen von Häftlingen in deutschen Gefängnissen. Vor allem die dort seit 2015 verstärkt anfallenden nordafrikanischen Straftäter würden ein “hoch aggressives und unbelehrbares Klientel” bilden und hohes Gewaltpotential aufweisen.
- Personen entsprechenden Hintergrundes waren es auch, die etwa in Köln zu Silvester 2015 und 2016 die “Machtprobe” mit dem deutschen Staat suchten und mutmaßlich aus dem Motiv demonstrativer Demütigung der deutschen Gesellschaft heraus Übergriffe gegen anwesende einheimische Bevölkerung in großem Maßstab begangen. Sie konnten dazu bis zu mehrere tausend gewaltbereite Personen mobilisieren, welche die Fähigkeiten der Sicherheitskräfte zeitweise überdehnten.
Es sollte daher in Erwägung gezogen werden, dass Heinsohns Prognose zutreffend ist. Aus einer Sicherheitsperspektive betrachtet wirft dies die Fragen auf, wie die im Fall ihres Eintretens langfristig zu erwartenden Konflikte aussehen könnten, und wie unter den damit verbundenen Bedingungen Sicherheit und kulturelle Kontinuität gewährleistet werden können.
Diese Fragen stellen sich umso dringlicher, je weniger europäische Staaten und Regierungen dazu bereit zu sein scheinen, sich über die unmittelbare taktische Ebene hinaus mit ihnen auseinanderzusetzen und die für die Abwendung von potentiell katastrophalen langfristigen Schäden für das Gemeinwohl erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. (FG 2)